Hier: Aufstellen einer Benutzungs- und Gebührenordnung
In der letzten Gemeinderatssitzung wurde die
Vorlage zurückgestellt, da zunächst umsatzsteuerrechtliche Sachverhalte (§ 2b
UstG) im Hinblick auf die Gebührenordnung geprüft werden mussten.
Rechtliche Grundlage
Im Jahr 2006 wurde durch die EU eine Mehrwertsteuerrichtline
mit dem Ziel erlassen, dass private Unternehmen im Wettbewerb zur öffentlichen
Hand nicht benachteiligt werden. Diese Auffassung beruhte darauf, dass
privatwirtschaftliche Unternehmen Umsatzsteuer bezahlen mussten, die
öffentlichen Einrichtungen hingegen nicht. Von Seiten der Bundesregierung wurde
hierzu im Jahr 2015 eine Änderung des Umsatzsteuergesetztes vorgenommen.
Hierbei wurde der § 2b UStG eingeführt und gleichzeitig festgelegt, dass dieser
zum 01.01.2017 in Kraft tritt. Gleichzeitig wurde den Kommunen eine
Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 gewährt. Aufgrund der Coronapandemie wurde
diese Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 verlängert.
Durch diese Gesetzesänderung im Steuerrecht wurde
die grundsätzliche Befreiung der Steuerpflicht für juristische Personen des
öffentlichen Rechts aufgehoben und eine enger gefasste Ausnahmeregelung mit dem
§ 2 b UStG eingeführt. Dies bedeutet für die Kommunen konkret, dass sie
grundsätzlich als Unternehmer im Sinne von § 2 UStG gesehen werden.
In der Kurzform entsteht hierdurch für die Kommunen
das Problem, dass sämtliche Einnahmen auf folgende Merkmale zu prüfen sind (§ 2
UStG):
- Selbständige
Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit
- Tätigkeit
welche der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient
- Keine
Gewinnerzielungsabsicht benötigt
Da dies im Großteil der kommunalen Einnahmen der
Fall ist, ist eine Unternehmereigenschaften durch die Kommune zu bejahen. In
diesem Fall ist dann noch die Ausnahmeregelung des § 2 b UStG zu prüfen. Dieser
besagt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer
gelten, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen
Gewalt (Gesetz, Satzung à
ö. R. Grundlage) obliegen.
Zusammenfassend ist daher zukünftig bei allen
Einnahmen darauf zu achten, ob die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG
vorliegt und ob ein Ausnahmetatbestand nach § 2 b UStG greift. Hierdurch kann
dann sowohl die Ausgestaltung der zukünftigen vertraglichen Gestaltung als auch
die Steuerpflicht abgewogen und geregelt werden.
Umsetzung Benutzungs- und Gebührenordnung
Backgebühren
Nachdem die Unternehmereigenschaft der Gemeinde
Dettingen an der Erms im Rahmen der zur Verfügungstellung von Backhäusern an
die Dettinger Bürgerschaft zum Backen zu bejahen ist, ist die Ausnahmeregelung
des § 2 b UStG zu prüfen. Hierbei geht es konkret darum, ob die Backhäuser auf
einer öffentlich-rechtlichen oder auf einer privatrechtlichen Grundlage an die
jeweiligen Nutzer vergeben werden. Dies kann im Rahmen der aktuellen
Neuaufstellung der Benutzungsordnung vom Gemeinderat noch gesteuert werden.
Hierbei besteht nun die Möglichkeit, die neue Benutzungs- und Gebührenordnung
entweder als Satzung nach § 4 GemO oder aber auf privatrechtlicher Grundlage
auszugestalten. Hierbei sind die nachfolgenden Vor- und Nachteile gegeneinander
abzuwägen.
Benutzungs- und Gebührenordnung auf
privatrechtlicher Grundlage
Bei der Überlassung der Backhäuser auf
privatrechtlicher Grundlage ist dem jeweiligen Nutzer ein Entgelt in Rechnung
zu stellen. Dieses Entgelt besteht aus dem Netto-Ertrag, welcher als Einnahme
im Haushalt zu veranschlagen ist und dem Steueranteil, welcher zukünftig als
Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen ist. Im Gegenzug darf die Gemeinde in
diesem Fall bei Einkäufen für das Backhaus die Vorsteuer beim Finanzamt geltend
machen. Sie muss bei Ausgaben nur noch den Nettobetrag im Haushaltsplan
berücksichtigen. Der Nutzer kann in diesem Fall sein Entgelt vor Ort bezahlen
und die Steuer wird im Rahmen der monatlichen Voranmeldungen abgewickelt.
Hierdurch kann die Nutzung weiterhin schlank gehalten werden (Bezahlung vor
Ort) und die Gemeinde kann Vorsteuern im Rahmen ihrer Aufwendungen geltend
machen. Man muss jedoch entgegensetzen, dass Umsatzsteuer ermittelt und an das Finanzamt
abgeführt werden muss.
Benutzungs- und Gebührenordnung auf
öffentlich-rechtlicher Grundlage (Satzung)
Im Gegensatz zur Benutzungs- und Gebührenordnung
auf privatrechtlicher Grundlage ist bei einer öffentlich-rechtlichen
Ausgestaltung keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Dies ist auf § 2
b UStG zurückzuführen, da für Aufgaben im Rahmen der öffentlichen Gewalt keine
Unternehmereigenschaft vorliegt. Hierbei gilt auch eine Satzung als Aufgabe im
Rahmen der öffentlichen Gewalt. Entsprechend wäre bei dieser Ausgestaltung eine
Gebühr vom jeweiligen Nutzer zu entrichten. Diese Gebühr würde in voller Höhe
in den Gemeindehaushalt fließen, es kann jedoch bei Ausgaben auch keine
Vorsteuer geltend gemacht werden. Gleichzeitig würden bei dieser Vorgehensweise
mehr personelle Ressourcen eingebracht werden. Es müsste eine Satzung erlassen,
die Gebühren sollten kalkuliert werden und jede Nutzung ist mit einem
Gebührenbescheid abzurechnen. Dieser müsste nach jeder Nutzung an den Nutzer
gestellt und anschließend von diesem bezahlt werden.
Aufgrund der o. g. Erläuterungen spricht sich die
Verwaltung in diesem Zusammenhang für die zukünftige Ausgestaltung der
Backhäuser auf privatrechtlicher Grundlage aus. Die Vorteile dieser Variante
überwiegend deutlich gegenüber der arbeitsintensiveren Variante der Satzung.
Der Nutzer kann weiterhin vor Ort bezahlen, es müssen weder Gebühren kalkuliert
noch per Bescheid abgerechnet werden. Gleichzeitig kann mehr Vorsteuer geltend
gemacht werden, als Umsatzsteuer abgeführt werden muss.
Ausgestaltung Entgelt
Wie bereits in der Vorlage 8394 öff. erläutert,
soll zur geringfügigen Reduzierung der Kosten und um dem Wert des Backhauses
gerecht zu werden, das Entgelt auf 5 € je Nutzung erhöht werden. Nach Prüfung
der umsatzsteuerlichen Auswirkungen muss beachtet werden, dass von diesem
Betrag die Steuer entweder abgezogen oder hinzugerechnet werden kann. Hierdurch
ergibt sich bei abgezogener Steuer ein Ertrag für den Haushalt von 4,20 €
(Steuerlast beim Bürger). Beim hinzugerechneten Steuerbetrag würde der Ertrag
bei 5 € je Nutzung bleiben. Hierbei würde die zusätzliche Steuerlast vom Bürger
getragen. Bei einer Gebühr würde der verbleibende Betrag für die Gemeinde
ebenfalls bei 5 € bleiben und der Bürger müsste keine zusätzliche Steuerlast
tragen. Die o. g. Nachteile überwiegen aber hierbei. Auf die beiliegende
Beispielkalkulation wird verwiesen.
Nachdem die Gemeinde sich aktuell noch immer im
Prozess der Haushaltskonsolidierung befindet und eine steuerliche Auswirkung
auf andere Bereiche zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann,
empfiehlt es sich aus Einheitlichkeitsgründen die Steuer auf den Betrag von 5 €
zuzurechnen. Dies ist insbesondere damit begründbar, dass bereits in anderen
Bereichen Entgelte erhoben werden und aus Gleichbehandlungsgründen dort
zukünftig ebenfalls die Steuer hinzugerechnet werden sollte. Sonst werden dort
zukünftig, im Vergleich zu den Vorjahren, geringere Einnahmen anfallen.
Entsprechend schlägt die Verwaltung vor, dass das zukünftige Entgelt auf 5 €
zzgl. 19 % Steuer festgesetzt wird.
Aus Praktikabilitätsgründen schlägt die Verwaltung
weiterhin vor, die Entgeltordnung um den Zusatz „Alle Benutzungsentgelte und
Kostenersätze verstehen sich inklusive der jeweils gültigen gesetzlichen
Mehrwertsteuer“ zu ergänzen und das Entgelt entsprechend auf 6 € festzusetzen.
1. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt die
zukünftige Ausgestaltung der Backhäuser auf privatrechtlicher Grundlage.
2. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt das Entgelt
auf 6 € zu erhöhen.
3. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt die Gebühr
inklusive Umsatzsteuer auszuweisen.
4. Der Verwaltungsausschuss stimmt der neuen Benutzungs- und Gebührenordnung für die drei Backhäuser der Gemeinde Dettingen an der Erms zu und empfiehlt diese dem Gemeinderat zur Beschlussfassung. Sie soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Kraft treten.
Im Jahr 2022 eine
geringfügige Änderung bei den Einnahmen der Gemeinde durch die erhöhten
Gebühren für die Nutzung der Backhäuser. Ab dem Jahr 2023 fällt der
Jahresfehlbetrag aufgrund der möglichen Vorsteuerabzugsberechtigung geringer
aus.