Betreff
Backhäuser
Hier: Aufstellen einer Benutzungs- und Gebührenordnung
Vorlage
8394/1 öff
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

In der letzten Gemeinderatssitzung wurde die Vorlage zurückgestellt, da zunächst umsatzsteuerrechtliche Sachverhalte (§ 2b UstG) im Hinblick auf die Gebührenordnung geprüft werden mussten.

 

Rechtliche Grundlage

 

Im Jahr 2006 wurde durch die EU eine Mehrwertsteuerrichtline mit dem Ziel erlassen, dass private Unternehmen im Wettbewerb zur öffentlichen Hand nicht benachteiligt werden. Diese Auffassung beruhte darauf, dass privatwirtschaftliche Unternehmen Umsatzsteuer bezahlen mussten, die öffentlichen Einrichtungen hingegen nicht. Von Seiten der Bundesregierung wurde hierzu im Jahr 2015 eine Änderung des Umsatzsteuergesetztes vorgenommen. Hierbei wurde der § 2b UStG eingeführt und gleichzeitig festgelegt, dass dieser zum 01.01.2017 in Kraft tritt. Gleichzeitig wurde den Kommunen eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 gewährt. Aufgrund der Coronapandemie wurde diese Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 verlängert.

 

Durch diese Gesetzesänderung im Steuerrecht wurde die grundsätzliche Befreiung der Steuerpflicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts aufgehoben und eine enger gefasste Ausnahmeregelung mit dem § 2 b UStG eingeführt. Dies bedeutet für die Kommunen konkret, dass sie grundsätzlich als Unternehmer im Sinne von § 2 UStG gesehen werden.

 

In der Kurzform entsteht hierdurch für die Kommunen das Problem, dass sämtliche Einnahmen auf folgende Merkmale zu prüfen sind (§ 2 UStG):

 

-       Selbständige Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit

-       Tätigkeit welche der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient

-       Keine Gewinnerzielungsabsicht benötigt

 

Da dies im Großteil der kommunalen Einnahmen der Fall ist, ist eine Unternehmereigenschaften durch die Kommune zu bejahen. In diesem Fall ist dann noch die Ausnahmeregelung des § 2 b UStG zu prüfen. Dieser besagt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer gelten, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt (Gesetz, Satzung à ö. R. Grundlage) obliegen.

 

Zusammenfassend ist daher zukünftig bei allen Einnahmen darauf zu achten, ob die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG vorliegt und ob ein Ausnahmetatbestand nach § 2 b UStG greift. Hierdurch kann dann sowohl die Ausgestaltung der zukünftigen vertraglichen Gestaltung als auch die Steuerpflicht abgewogen und geregelt werden.

 

 

 

Umsetzung Benutzungs- und Gebührenordnung Backgebühren

 

Nachdem die Unternehmereigenschaft der Gemeinde Dettingen an der Erms im Rahmen der zur Verfügungstellung von Backhäusern an die Dettinger Bürgerschaft zum Backen zu bejahen ist, ist die Ausnahmeregelung des § 2 b UStG zu prüfen. Hierbei geht es konkret darum, ob die Backhäuser auf einer öffentlich-rechtlichen oder auf einer privatrechtlichen Grundlage an die jeweiligen Nutzer vergeben werden. Dies kann im Rahmen der aktuellen Neuaufstellung der Benutzungsordnung vom Gemeinderat noch gesteuert werden. Hierbei besteht nun die Möglichkeit, die neue Benutzungs- und Gebührenordnung entweder als Satzung nach § 4 GemO oder aber auf privatrechtlicher Grundlage auszugestalten. Hierbei sind die nachfolgenden Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.

 

Benutzungs- und Gebührenordnung auf privatrechtlicher Grundlage

 

Bei der Überlassung der Backhäuser auf privatrechtlicher Grundlage ist dem jeweiligen Nutzer ein Entgelt in Rechnung zu stellen. Dieses Entgelt besteht aus dem Netto-Ertrag, welcher als Einnahme im Haushalt zu veranschlagen ist und dem Steueranteil, welcher zukünftig als Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen ist. Im Gegenzug darf die Gemeinde in diesem Fall bei Einkäufen für das Backhaus die Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen. Sie muss bei Ausgaben nur noch den Nettobetrag im Haushaltsplan berücksichtigen. Der Nutzer kann in diesem Fall sein Entgelt vor Ort bezahlen und die Steuer wird im Rahmen der monatlichen Voranmeldungen abgewickelt. Hierdurch kann die Nutzung weiterhin schlank gehalten werden (Bezahlung vor Ort) und die Gemeinde kann Vorsteuern im Rahmen ihrer Aufwendungen geltend machen. Man muss jedoch entgegensetzen, dass Umsatzsteuer ermittelt und an das Finanzamt abgeführt werden muss.

 

Benutzungs- und Gebührenordnung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (Satzung)

 

Im Gegensatz zur Benutzungs- und Gebührenordnung auf privatrechtlicher Grundlage ist bei einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Dies ist auf § 2 b UStG zurückzuführen, da für Aufgaben im Rahmen der öffentlichen Gewalt keine Unternehmereigenschaft vorliegt. Hierbei gilt auch eine Satzung als Aufgabe im Rahmen der öffentlichen Gewalt. Entsprechend wäre bei dieser Ausgestaltung eine Gebühr vom jeweiligen Nutzer zu entrichten. Diese Gebühr würde in voller Höhe in den Gemeindehaushalt fließen, es kann jedoch bei Ausgaben auch keine Vorsteuer geltend gemacht werden. Gleichzeitig würden bei dieser Vorgehensweise mehr personelle Ressourcen eingebracht werden. Es müsste eine Satzung erlassen, die Gebühren sollten kalkuliert werden und jede Nutzung ist mit einem Gebührenbescheid abzurechnen. Dieser müsste nach jeder Nutzung an den Nutzer gestellt und anschließend von diesem bezahlt werden.

 

Aufgrund der o. g. Erläuterungen spricht sich die Verwaltung in diesem Zusammenhang für die zukünftige Ausgestaltung der Backhäuser auf privatrechtlicher Grundlage aus. Die Vorteile dieser Variante überwiegend deutlich gegenüber der arbeitsintensiveren Variante der Satzung. Der Nutzer kann weiterhin vor Ort bezahlen, es müssen weder Gebühren kalkuliert noch per Bescheid abgerechnet werden. Gleichzeitig kann mehr Vorsteuer geltend gemacht werden, als Umsatzsteuer abgeführt werden muss.

 

Ausgestaltung Entgelt

 

Wie bereits in der Vorlage 8394 öff. erläutert, soll zur geringfügigen Reduzierung der Kosten und um dem Wert des Backhauses gerecht zu werden, das Entgelt auf 5 € je Nutzung erhöht werden. Nach Prüfung der umsatzsteuerlichen Auswirkungen muss beachtet werden, dass von diesem Betrag die Steuer entweder abgezogen oder hinzugerechnet werden kann. Hierdurch ergibt sich bei abgezogener Steuer ein Ertrag für den Haushalt von 4,20 € (Steuerlast beim Bürger). Beim hinzugerechneten Steuerbetrag würde der Ertrag bei 5 € je Nutzung bleiben. Hierbei würde die zusätzliche Steuerlast vom Bürger getragen. Bei einer Gebühr würde der verbleibende Betrag für die Gemeinde ebenfalls bei 5 € bleiben und der Bürger müsste keine zusätzliche Steuerlast tragen. Die o. g. Nachteile überwiegen aber hierbei. Auf die beiliegende Beispielkalkulation wird verwiesen.

 

Nachdem die Gemeinde sich aktuell noch immer im Prozess der Haushaltskonsolidierung befindet und eine steuerliche Auswirkung auf andere Bereiche zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, empfiehlt es sich aus Einheitlichkeitsgründen die Steuer auf den Betrag von 5 € zuzurechnen. Dies ist insbesondere damit begründbar, dass bereits in anderen Bereichen Entgelte erhoben werden und aus Gleichbehandlungsgründen dort zukünftig ebenfalls die Steuer hinzugerechnet werden sollte. Sonst werden dort zukünftig, im Vergleich zu den Vorjahren, geringere Einnahmen anfallen. Entsprechend schlägt die Verwaltung vor, dass das zukünftige Entgelt auf 5 € zzgl. 19 % Steuer festgesetzt wird.

 

Aus Praktikabilitätsgründen schlägt die Verwaltung weiterhin vor, die Entgeltordnung um den Zusatz „Alle Benutzungsentgelte und Kostenersätze verstehen sich inklusive der jeweils gültigen gesetzlichen Mehrwertsteuer“ zu ergänzen und das Entgelt entsprechend auf 6 € festzusetzen.

 

 


1. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt die zukünftige Ausgestaltung der Backhäuser auf privatrechtlicher Grundlage.

 

2. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt das Entgelt auf 6 € zu erhöhen.

 

3. Der Verwaltungsausschuss empfiehlt die Gebühr inklusive Umsatzsteuer auszuweisen.

 

4. Der Verwaltungsausschuss stimmt der neuen Benutzungs- und Gebührenordnung für die drei Backhäuser der Gemeinde Dettingen an der Erms zu und empfiehlt diese dem Gemeinderat zur Beschlussfassung. Sie soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Kraft treten.

 


Im Jahr 2022 eine geringfügige Änderung bei den Einnahmen der Gemeinde durch die erhöhten Gebühren für die Nutzung der Backhäuser. Ab dem Jahr 2023 fällt der Jahresfehlbetrag aufgrund der möglichen Vorsteuerabzugsberechtigung geringer aus.